Haushalt 2025/2026

(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren.
Die Haushaltssituation der Stadt Bottrop wird immer prekärer. Mit einem Jahresfehlbetrag von 65,5 Millionen Euro steuern wir auf eine finanzielle Schieflage zu, die kein Haushaltsicherungskonzept mehr kaschieren kann. Unsere Stadt ist im nächsten Jahr überschuldet, und die Prognosen sind alarmierend: ein negatives Eigenkapital gut einer halben Milliarde Euro bis zum Jahr 2030. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Ohne mutige Reformen wird Bottrop nicht zukunftsfähig sein.
Wenn wir heute die Beratungen zum Haushalt 2025/2026 Revue passieren lassen müssen wir aber auch feststellen, dass diese Alarmsignale immer noch nicht bei allen Mitgliedern dieses Hauses angekommen zu sein scheinen. Die Lage der Stadt völlig ignorierend wurden hier im Rahmen der jüngsten Haushaltsberatung und auch heute millionenschwere neue Forderungen gestellt und alte Forderungen, in guter Tradition zum Weihnachtslied „Alle Jahre wieder“, wiederholt. Das funktioniert aber leider nur, wenn man die Augen vor der Realität verschließt und blind seiner Ideologie folgt, bei der eine Kommune nicht pleite gehen kann, weil Bund und Land am Ende immer aushelfen. Und hilft auch das nicht, muss einfach mehr Geld gedruckt werden. Wer so handelt, liebe Kolleginnen und Kollegen, handelt unverantwortlich und auf keinen Fall generationen-gerecht.
In Ihrer Rede zur Einbringung des Haushalts haben Sie, Herr Oberbürgermeister, völlig zurecht darauf hingewiesen, dass Bund und Länder heute dringender denn je aufgefordert sind, für eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen. Auch die Kommunen müssten ihre Beiträge zur Verbesserung der finanziellen Situation leisten. Und Sie sprachen daher ja auch die enormen Sparanstrengungen an, die Bottrop bereits mit dem HSK in die Wege geleitet hatte und die unseren Bürgerinnen und Bürgern in den kommenden Jahren bekanntlich einiges abverlangen werden.
Die Altschuldenproblematik ist eine Problematik, zu der Bund und Länder dringend zu einer Einigung finden müssen. Aber, und das zeigen uns die Zahlen ebenfalls, wird es nicht ohne tiefgreifende und in Teilen wohl schmerzhafte Reformen auch in den Kommunen vor Ort funktionieren. Denn selbst wenn unserer Stadt morgen sämtliche Altschulden erlassen würden, so würden wir in einigen Jahren wieder am selben Punkt stehen, solange Bottrop seine Ausgaben nicht in den Griff bekommt.
Alleine die Personalkosten steigen im kommenden Jahr um fast 5 Mio Euro. Seit Jahren, ach was, seit Jahrzehnten fordern wir Freie Demokraten, dem stetigen Anwachsen des Personals in der Verwaltung ein Ende zu setzen. Fantasien einiger Kolleginnen und Kollegen, einen stadt- eigenen Sicherheitsdienst zu gründen, oder Reinigungskräfte wieder direkt bei der Stadt zu beschäftigen, sind dabei nicht hilfreich und würden die Kosten noch weiter ansteigen lassen.
Die Verwaltung hat uns bisher keine Details zu den Plänen aus dem HSK vorlegen können, im Rahmen der Digitalisierung Personalkosten in Höhe von gut 10,5 Mio Euro einzusparen. Tatsächlich ist diese Position im HSK nicht mehr als ein Platzhalter. Konkret benannt sind diese 140 Stellen bisher nicht. Jetzt mögen Sie erwidern, dass bis zum Jahr 2029 auch noch ausreichend Zeit dafür ist. Wir aber sagen Ihnen: Wenn Sie bis zum Jahr 2029 abwarten, wird es zu spät sein.
Herr Oberbürgermeister, Sie sprechen zurecht an, dass an die Übernahme neuer Aufgaben sowie zusätzlicher Projekte nicht zu denken sei. Aber und das geht nicht ausschließlich in Ihre Richtung, sondern betri_t alle Mitglieder dieses Hauses, nicht nur an zusätzliche oder neue Aufgaben wird nicht zu denken sein, auch bestehende Aufgaben und Projekte müssen schonungslos auf den Prüfstand gestellt und ernsthaft hinterfragt werden. Aufgaben, die nicht zwingend operativ durch die Stadt selbst ausgeführt werden müssen, müssen auch ausgelagert oder in Kooperation mit Dritten durchgeführt werden dürfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir sind doch in der komfortablen Lage, wo die Ruhrgebietskommunen so eng beieinander liegen, viel stärker, als andere, auf interkommunale Zusammenarbeit zu setzen. Dazu bedarf es nicht einmal einer großen gemeinsamen Ruhrgebietskommune, schon im Kleinen lassen sich zahlreiche Kooperationsmöglichkeiten finden.
Ein Beispiel ist für uns die Planung der neuen Haupt- und Rettungswache. Abgesehen davon, dass wir die preislichen Dimensionen dieses Vorhabens im Vergleich zu ähnlichen Maßnahmen in anderen Gemeinden nicht nachvollziehen können, war ein Argument für den geplanten Neubau der Mangel an hinreichenden Schulungsräumen. Wir wollen das gar nicht in Frage stellen. Aber wir wollen hinterfragen, warum Bottrop hier keine Partnerschaft mit umliegenden Städten eingeht oder gemeinsame Planungen anstellt? Die Städte Essen und Bochum planen beispielsweise eine gemeinsame Aus- und Fortbildungsakademie für Feuerwehr- und Rettungsdienstkräfte auf 38.000 Quadratmeter. Wir Freie Demokraten denken nicht, dass Schulungsinhalte und -methoden sich so stark zwischen Bottrop und unseren Nachbarn unterscheiden, so dass Bottrop hier zwingend einen eigenen Weg gehen muss.
Ohnehin sind in unserer Stadt die Dimensionen bei geplanten oder zumindest beabsichtigten Maßnahmen gefühlt immer recht hoch. Und ich spreche hier nicht alleine von den geplanten Gesamtkosten für die neue Haupt- und Rettungswache der Feuerwehr. Wir erinnern uns dabei auch noch gut an die glücklicherweise inzwischen zurückgestellten Pläne für den Rathausanbau; Pläne, die wir im Grundsatz ja durchaus unterstützt, dessen Umfang uns dann aber entsetzt haben.
Kreisverkehre, von den Bottrop in jüngster Vergangenheit zwei (einen hier unweit Am Lamperfeld, einen in Kirchhellen) gebaut haben, gehen immer gleich in siebenstellige Beträge. Ich denke dabei immer gerne an meine Besuche in Großbritannien, wo bekanntlich viele, zum Teil zwei und dreispurige Kreisverkehre existieren. In
den Ortschaften wird hier häufig sogar nur ein weißer Punkt auf den Boden gepinselt und fertig ist der Kreisverkehr. Zwischen diesen beiden Extremen muss es doch einen Mittelweg geben, der auch für unsere Stadt angemessen erscheint.
Und dann wären da noch die Pläne für einen Schulneubau. Wir sind uns ja in der Sache einig, dass wir den steigenden Bedarf an Schulangeboten erfüllen müssen. Und wir sind uns auch einig, dass hier der Elternwille eine ganz entscheidende Rolle spielen wird. Aber mindestens 60 Mio Euro allein für ein neues Schulgebäude ausgeben, wo mit der Hauptschule Welheim ein Bestandsgebäude inkl. Aula, Sportplatz und Schwimmbad existiert, das zu verstehen, dafür fehlt uns jegliche Fantasie.
Es geht aber auch nicht darum, gar nicht mehr in unsere Stadt zu investieren. Es geht uns darum, Maß und Mitte dabei nicht aus den Augen zu verlieren und mit nicht- vorhandenem Geld verantwortungsbewusst umzugehen. So machen Sie es im Privaten doch auch! Wie Sie es am Ende auch nennen werden: jeder Kredit, den diese Stadt aufnimmt, wird irgendwann mit Zinsen zurückzuzahlen sein.
Der Wille zu tiefgreifenden und nachhaltigen Reformen ist aus unserer Sicht mit der Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzepts auch weiterhin viel zu wenig zu erkennen. Schauen wir auf dieses Haushaltssicherungskonzept, so versuchen Sie mit allen Mitteln irgendwie den Status-Quo zu halten. Wir haben durchaus Verständnis dafür, dass Sie den Laden am
Laufen halten wollen. Das wäre auch gar nicht verwerflich, würden Sie dabei zur Erreichung Ihrer Ziele aber nicht gleichzeitig die Belastungen der Bürgerinnen und Bürger erhöhen:
Beispiele:
- Anpassung der Verwarnungsgelder
- Änderung der Entgeltordnung für die Benutzung der städtischen Sportanlagen
- Erhöhung von Elternbeiträgen bei Kita und OGS
- Erhöhung von Eintrittsgeldern
und weitere Maßnahmen. Nicht zu vergessen dabei die Diskussion um den Kinderferienzirkus. Alles Maßnahmen, welche die Bottroper Bürgerinnen und Bürger unmittelbar treffen und das Leben in unserer Stadt verteuern werden.
Sparen bedeutet für uns nicht, nur die Einnahmenseite zu erhöhen. Zur Wahrheit gehört aber auch dazu, dass Sie durchaus auf der Ausgabenseite Einsparungen und Stellenkürzungen vorsehen, denn beim KOD sollen bekanntlich zwei Stellen gestrichen werden. Diese Maßnahme halten wir hingegen für falsch, denn der KOD sollte aus unserer Sicht eher verstärkt, als verkleinert werden. Dagegen setzt die Wirtschaftsförderung in Zukunft verstärkt auf Tourismus und plant, diesen Bereich personell weiter auszubauen. Der Tourismus wäre allerdings aus unserer Sicht ein Themenfeld, bei dem wir uns eine stärkere interkommunale Zusammenarbeit wünschen, zumal beim RVR mit der Ruhr Tourismus GmbH bereits eine entsprechende Gesellschaft für das ganze Ruhrgebiet existiert.
Letzten Endes steigt im Jahr 2025 die Zahl der Stellen erneut um weitere 16 Stellen auf nunmehr 1845 Beschäftigte an, während Sie im HSK gleichzeitig von Stellenabbau, eben nämlich diesen 140 unbenannten Stellen, sprechen. Zum Vergleich: Zu Beginn dieser Ratsperiode waren 1633 Personen in der Verwaltung beschäftigt, also gut 200 Personen weniger als heute. Die Wirtschaftsförderung oder die Grünflächen- und Friedhofspflege in eigenständige Gesellschaften zu überführen, bleibt aber weiterhin für Sie ein rotes Tuch. Solche Forderungen stellen wir bekanntlich seit Jahren, sowie die Forderung nach einer Verwaltungsreform zur Prozessoptimierung und zur Reduzierung möglicher Doppelstrukturen, die Sie, Herr Oberbürgermeister, Ihrerseits vor Jahren einmal zugesagt hatten.
ALLES LÄSST SICH ÄNDERN. Aber solange jedenfalls weiterhin in diesem Haus davon gesprochen wird, dass die Maßnahmen im HSK einzig dazu dienen, auf dem Papier einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, damit Bottrop gegenüber der Bezirksregierung seine Handlungsfähigkeit behält, keine der Maßnahmen aber verbindlich ist, weil „nicht in Stein gemeißelt“, und der Mut zu echten Reformen ausbleibt, werden Sie auf unsere Unterstützung für dieses Papier, sowie für Haushaltssatzung und Haushaltsplan verzichten müssen.
gez. Andreas Mersch
FDP Ratsgruppe Bottrop